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Wo der letzte Kaiser baden ging
Der Badetourismus hat auf Usedom eine lange Tradition. Doch außerhalb der Hauptsaison verwandelt sich die beliebte Ostseeinsel in ein Kleinod für Ruhesuchende.
Badewanne der Berliner
Beim Friseur schwärmte letztens eine Kundin von ihrem Sommerurlaub auf der Insel Usedom. Besonders gefiel ihr der Strand und die klare Ostsee. Als Berlinerin besuche sie „ihre Badewanne“ schon seit mehr als vierzig Jahren. Meist für zwei Wochen in den Sommerferien. Früher mit den Kindern, heute auch gern mit ihren Enkeln und Urenkeln. Doch während sie zu „DDR-Zeiten“ Camping-Urlaub machten, bevorzuge sie heute eher die Annehmlichkeiten von Hotels.
So wie sie halten es viele Usedom-Urlauber. Tatsächlich hat Badeurlaub auf Usedom eine 150-jährige Tradition. Davor gab es in Deutschland ohnehin noch kaum Tourismus. Nicht nur, weil das Wort unbekannt war. Mit dem „Fremdenverkehr“ – so die neue Wortschöpfung – ging es in Deutschland erst Ende des 19. Jahrhunderts richtig los. Die neue Mode des Badens im Meer entstand aber ebenfalls nicht hier, sondern in England. Erst 1825 begann zaghaft der Badebetrieb in Heringsdorf. Mitte des 19. Jahrhunderts folgten Zinnowitz und Ahlbeck, 1897 dann offiziell Bansin. Das heutige Seebad wurde übrigens eigens zu Zwecken des Badebetriebes gegründet.
Vom boomenden Badebetrieb zeugen auch heute noch viele Villen im Stile der Seebäderarchitektur. Und tatsächlich erinnern manche der stattlichen Villen Usedoms auch an die in den mondänen britischen Seebädern. Usedoms Villen im Stile der Seebäderarchitektur wurden zunächst durch Einheimische und später durch zugewanderte Unternehmer errichtet.
Baden, Erholen, Sehen und Gesehen werden
Grund für diesen Bauboom war natürlich die in Deutschland erwachende Badekultur, für die Usedoms breiter Sandstrand und die Ostsee beste Voraussetzungen boten. Doch auch der Wunsch nach Erholung, Genießen sowie Sehen und Gesehen werden war damals bereits ausgeprägt. Schon zu jener Zeit traf sich auf Usedom alles, was Rang und Namen hatte. Der wohl prominenteste Usedom-Fan war Kaiser Wilhelm II. Der letzte Deutsche Kaiser und König von Preußen liebte das milde Klima auf Usedom, wo er öfter auch residierte. Ihm verdanken die Drei Kaiserbäder Ahlbeck, Bansin und Heringsdorf auch ihren Namen. Verglichen mit heute, war das Baden zu jener Zeit aber noch sehr züchtig. Davon zeugen noch die liebevoll restaurierten Badekabinen nahe der Konzertmuschel am Strand von Bansin. Auch die Badekostüme oder Strandkleidung waren zu jener Zeit längst nicht so freizügig wie heute, sondern eher hoch geschlossen.
Schon damals genoss man beim Flanieren an Strand und Seepromenaden den schönen Blick auf die weite Ostsee. Die Kaiserbäderpromenade von Bansin bis nach Ahlbeck ist mit achteinhalb Kilometern die längste Deutschlands. Grenzüberschreitend kann man sogar bis ins polnische Swinemünde spazieren. Dann kommt man auf über zwölf Kilometer, was die Seepromenade sogar zur längsten Europas macht. Beeindruckend ist die Strecke nicht zuletzt wegen der herrlichen alten Villen. Sie zeigen eine lückenlose Bäderarchitektur, die es sonst nirgendwo in Deutschland gibt. Auch finden sich hier zahlreiche Hotels, Ferienwohnungen, Geschäfte, Cafés und Restaurants, die zum Genießen und Entspannen, zum Sehen und Gesehen werden einladen.
Seele baumeln lassen im Herbst auf Usedom
Wer darauf verzichten kann, kommt in den kleineren Seebädern oder im Usedomer Hinterland eher auf seine Kosten. Wer auf Erholung, Ruhe und Entschleunigung aus ist, wird womöglich auch auf die Nebensaison ausweichen. Tatsächlich entpuppen sich Usedoms idyllische Bernsteinbäder sowie das Usedomer Hinterland als Kleinode für Naturliebhaber und Aktiv-Urlauber sowie Ruhesuchende. Wie Schwämme saugen sie Probleme des Alltags auf und lassen Stress auf wundersame Weise verschwinden. Das gelingt besonders gut bei Aktivitäten in Usedoms einzigartiger Natur.
Ja, auch ich komme seit vielen Jahren immer wieder gern auf die Insel. Doch nicht nur an den Strand, um zu baden. Besonders wohl fühle ich mich außerhalb der Saison im Ostseebad Koserow nahe der schmalsten Stelle. Hier im Forsthaus Damerow kann ich mich aktiv erholen und die Insel Usedom so richtig genießen.